Ernst Barlach: Der gestohlene Mond - Kapitel 1
Difficulty: Hard    Uploaded: 7 years ago by Scharing7     Last Activity: 7 years ago
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First Chapter - If you freshly experience something important, let's say something special, you easily underestimate this in its meaning at first. You do not always make a long face, maybe you look at them with a sedate seriousness. People of a certain kind make a business out of that, accepting them lightly as a triviality, feeling a release on the next day or the day after, and soon realize that the seeming lightness was an eccentricity, due to a feathery nature of their mind, but which cannot withstand a longer investigation, wearing off and failing. The peculiar thing, which in this way was received in Waus' mind and endured by Waus' mind, and was passed on to little desire or pain, was Wahl's enmity, and the end of this enmity was the praise of enmity and being an enemy which existed and should continue to exist, but with the praise of their stock tainted from the lower circle of enmity into the higher of necessity.

No dissent could prevent that the consensus of the two was absolute, and if there was no material or human suffering which Wau did not receive from Wahl, it was the primal creature integrity that made and executed everything, and that decided and considered the spirit of the purest well-being, lying at the bottom of everything, That enmity can decorate itself with the most pleasing shapes and colors of friendship, who would like to waste another word about it. - For it is well understood that there is talk of something far-reaching, and the broad-minded attitude prevails, not fiddling and bungling everywhere with incidentals and the usual improprieties, such trifles like the daily editions of the newspapers bring to their readers to satisfy the lust for the foul-smelling everyday life. Enmity like that between Wahl and Wau is something many cannot distinguish from true friendship. You will indeed see, and meanwhile you don't have to ask how it happened that Wau saw Wahl's friendship as being ill will, although it would have to be shown whether he belongs to kind of people who with seeming ease inicially tolerate severity and whose delicacy of the mind gradually wears off and breaks down.

Erstes Kapitel
Wenn man eine wichtige, sagen wir eine besondere Sache frisch erlebt, so tut man dies zunächst leicht in Unterschätzung ihrer Bedeutung. Man macht nicht immer ein langes Gesicht, vielleicht sieht man sie nur mit behäbigem Ernst an. Leute von gewisser Art machen sich ein Geschäft daraus, sie leichthin wie eine Nebensächlichkeit aufzunehmen, spüren am nächsten oder übernächsten Tage eine Abspannung und merken bald, daß die anscheinende Leichtigkeit eine Überspanntheit war, die sie einer Fedrigkeit ihres Gemüts verdankten, die aber einer längeren Prüfung nicht gewachsen ist, die sich abnutzt und versagt. Das Besondere nun, das in der genannten Art in Waus Gemüt empfangen und von Waus Gemüt ausgestanden und, kaum Lust oder Unlust zuführend, durchlebt wurde, war Wahls Feindschaft, und als das Ende dieser Feindschaft ergab sich das Lob der Feindschaft und des Feindseins, die bestanden und weiterbestehen sollten, aber mit dem Lob ihres Bestandes behaftet aus dem niederen Kreis der Feindschaft in den höheren der Notwendigkeit gehoben wurden.

Keine Uneinigkeit konnte verhindern, daß ihrer beider Einigkeit völlig war, und wenn es keine irdischen und menschlichen Leiden gab, die Wau von Wahl nicht erfuhr, so war es doch die urerschaffene Lauterkeit selbst, die alles zubereitete und vollzog und die der Geist der reinsten Wohlbeschaffenheit, am Grunde aller Dinge liegend, beschloß und erwog. Daß Feindschaft sich mit den gefälligsten Formen und Farben der Freundschaft schmücken kann, wer möchte darüber noch ein Wort verlieren. – Denn wohlverstanden, es ist von etwas Weitausholendem die Rede, und das derart Breitspurige waltet, hantiert und pfuscht nicht mit Beiläufigkeiten und allerorts üblichen Ungehörigkeiten, solchen Lappalien, wie die täglichen Auflagen der Zeitungen zur Befriedigung der Lüsternheit nach übelriechenden Tagtäglichkeiten ihren Lesern zuführen. Feindschaft wie die zwischen Wahl und Wau können viele nicht von echter Freundschaft unterscheiden. Man wird ja sehen, und man muß einstweilen nicht fragen, wie es zuging, daß Wau Wahls Freundschaft als Feindschaft erkannte, wobei es sich dann auch erweisen mußte, ob er zu den Leuten gehörte, die mit anscheinender Leichtfertigkeit zunächst das Schwere hinnehmen und deren Fedrigkeit des Gemüts erst nach und nach abnutzt und versagt.